Als die Welt unterging

Ein Gedicht von Samuel Klingele
Der Götter Zorn waltet über den Landen,
Machtgewalten lassen Städte ganz vergehen.
Wo einst die besten Menschen sich befanden,
ist nun nur Eigennutz im Todeskampf zu sehen.

Im Himmel lenken hedonistische Vergnügen
von all' dem Leiden, den Bedrängten ab.
Dort lernen Menschen nur zu fügen
sich dem alten immer gleichen Ordnungsstab.

Gefallene Engel suchen zu erinnern
an Pflichten gegenüber der Irdigkeit,
die sie an Erinnerungstafeln pinnen
und schreien nach Gerechtigkeit.

Verdrängen und vergessen, überwinden
macht einen Gott hier einzig wahrlich groß.
Wo Menschen sich im Todeskampfe winden,
versetzt man ihnen gnadenvoll den Todesstoß.

Sie sehen Ihren Anspruch auf die Herrschaft
durch Legitimation des Volks gegeben.
Doch gegen ungerechte Regentschaft
wird sich auch immer Volkeskraft erheben.

Wenn Leitern zielsicher in den Himmel ragen,
Bedrängte voller Wut die Sprossen gequält
erklimmen, hin zu den vergang'nen
Göttern, die sie selber einmal ausgewählt.

Wenn die Vergnügenden erstochen,
der Götterglaube völlig abgeschafft,
der Himmel leer geräumt, beginnt zu kochen
ein neuer Krieg mit einer neuen Kraft.

Die Kraft besteht in Einfluss, Gold und Silber,
wer viel davon besitzt, der türmt es auf
und klettert leichtbefußet wieder
in einen neuen Himmel weit herauf.

Wie soll es jemals Gleichheit geben,
wenn oben sich von unten deutlich trennt?
Wie kann ein Einzelner oben sicher leben,
wenn sein Denken sich stets nach unten wendet?

Wie der Erniedrigte sein Schicksal ertragen,
wenn seine Wünsche sich nach oben richten?
Es muss sich alles neu und gleich zutragen
und wieder jemand den Kreisverlaufe dichten.

Informationen zum Gedicht: Als die Welt unterging

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01.06.2015
Das Gedicht darf weder kopiert noch veröffentlicht werden.
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