Strandszenen

Ein Gedicht von Ralph Bruse
In der Bar, mit Blick zur See,
saß ein Mann vor schwarzem Tee,
gebeugt, hinter ein Zeitungsblatt.

Die Zeitung sank; er schaute raus;
zog seine Stirn ein wenig kraus;
atmete tief, als wär er matt.

Am Haff, die Dame mit dem Hut,
ging hin, wie es sonst keine tut:
in gelassener Eleganz.

Ihr Kleid: es wehte auf und nieder.
Nur ihren Hut rückte sie wieder
gelegentlich zurecht, im Wind.

Im Dünengras, das Liebespaar,
das gerade noch schwimmen war:
es spürte weder Zeit, noch Raum.

Es spürte einzig sich - entrissen
von langen, zarten Zungenküssen:
wie zwei im wahrsten Seelentanz.

Schreiende Kinder vorn, am Strand,
schnappten sich reichlich nassen Sand
und modderten sich fröhlich ein.

Der Mann im Pub, mit Blick zur See,
zahlte auch den Rum im Tee.
Dann ging er vor, in Richtung Hafen.

Der Abend holt die Sonne fort.
Die Dame mit dem Hut saß dort,
auf einer Bank - und schien zu schlafen.

Der Mann im Hafen setzte sich,
ins gelbliche Laternenlicht -
zu ihr, mit Lächeln im Gesicht.
Rein nichts geschah:
Er wachte
und die
Fremde
schlief.


(c) Ralph Bruse

Informationen zum Gedicht: Strandszenen

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01.05.2023
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