Im Turm der Mäuse

Ein Gedicht von Nordwind
Wo Fluten des Rheines an Klippen rauschen,
Felsen die kleine Insel umsäumen,
Stromschnellen in der Enge aufbrausen,
Wogen sich brechen an Steinen und schäumen.

Dort lebte der Erzbischof Hatto der Zweite,
ein Würdenträger in geistlicher Art,
sein Handeln er flehend zu spät bereute,
die Greultat mit seinem Spott noch gepaart.

Hungersnot herrschte in diesen Tagen,
die Armen bettelten um ein Stück Brot,
die Vorräte füllten nur seinen Magen,
er gab kein Gehör dieser großen Not.

Die Kammern des Bischofs so reichlich gefüllt,
verzeifelt das Volk ihn mit Bitten ersucht,
Hatto schrie herzlos und fuchsteufelswild:
"Sie trachten schier nach meiner Frucht!"

So ließ er die Waffenknechte vereinen,
"Ergreift die Empörten in meinem Land
und sperre den Pöbel zusammen in Scheunen
und stecke diese sogleich in Brand."

Das Klagegeschrei bis zum Himmel aufschwang
barbarische Tat, die nicht zu begreifen.
Sein spöttisch Gelächter mit teuflischem Klang:
"Hört ihr wie die Kornmäuse pfeifen?"

Kaum hatte er diese Worte gesprochen,
ein Poltern begann just im Augenblick,
fortan kamen tausende Mäuse gekrochen,
der geistliche Herr wich sofort zurück.

Er flüchtet zur Insel, in altes Gemäuer,
wähnte sich sicher - sein Irrtum war bitter,
es folgten durchs Wasser die Ungeheuer;
in die Gemächer durch Ritzen und Gitter.

Von Mäusen zerfressen, so endet sein Leben,
noch heute soll er in düsteren Stunden,
als "Graue Wolke" den Turm umschweben,
die ewige Ruhe noch nicht gefunden.
*
@ gabriele 7. april 2013



Der sagenumwobene Mäuseturm bei Bingen ist heute immer noch zu bewundern.....

Informationen zum Gedicht: Im Turm der Mäuse

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28.04.2013
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