Hänsel und Gretel für Erwachsene

Ein Gedicht von Michael Adamitzki
Auf einer Lichtung drin im Wald,
da steht ein Häuschen das uralt.
Am Fenster dort im fahlen Licht,
schaut eine Frau, das gibt’s doch nicht.
Ne Warze ziert den langen Zinken,
man sieht sie heimlich etwas trinken.

Da nähert sich von links, nein rechts,
ein Pärchen beiderlei Geschlechts.
Es ist ne Frau und auch ein Mann,
die schlagen zart die Glocke an.
Von drinnen hört man eine Stimm`:
“Lauft nicht gleich fort, i kimm, i kimm.“

Und dann noch: “Hans mein Böckchen,
zogst du an meinem Glöcken?
Kommst du mit vollen Taschen,
dann darfst du mich vernaschen.

Doch neben dir die Schwester,
Verzeihung wenn ich läster,
die ist nur Haut und Knochen,
die muss ich wohl bekochen.“
Tut Gretel dann wie ich es will,
dann kommt der Bruder auf den Grill.

So denkt die Hex, dies aber laut.
Der Hänsel war nicht sehr erbaut.
Er war ein Schisser, eine Laus,
drum lief er fort und nahm Reißaus.
Er ließ das Mädel ganz alleine,
man sieht die Männer sind halt Schweine.

Informationen zum Gedicht: Hänsel und Gretel für Erwachsene

1.913 mal gelesen
(Es hat bisher keiner das Gedicht bewertet)
-
01.01.2013
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige