Dornenröslein

Ein Gedicht von Michael Adamitzki
Das Girl schlief beinah hundert Jahr,
da war es jedem Prinzen klar:
Steig ich hinauf auf das Gemäuer,
küss ich bestimmt ein Ungeheuer,
das will mich sicherlich auch frein,
drum lass ich es, vor allem sein.

Der Sohn vom König Willi Knopf,
man sagt, der sei nicht recht im Kopf.
Den hört man auf dem Weg nach oben,
wenig königlich dort toben:
"Verflucht nochmal und Sakrament!
Und alles weil die "Alte“ pennt.

Hätt ich gewusst, wie’s hier drin sticht...,
doch abgebrochen wird jetzt nicht.
Ich hab mir meine Hos' zerrissen,
drum möcht ich von dem Fräulein wissen“...

Betritt so einen dunklen Raum
voll Spinnweben, drum sieht er kaum,
ist dieses Girl da drin auch nett,
dann tritt er mutig an ihr Bett.

“Wach auf und höre auf zu ruhn,
für dich gibt’s schrecklich viel zu tun!
Denn Schuld hat euer Dornenstrauch,
dass he am Rücken und am Bauch",
er sagte he, er war ein Schwab‘,
bevor ich es vergessen hab‘,
“ist mein nagelneues Gewand“.

Das Röslein nimmt da seine Hand,
sie lispelte durch ihre Mähne,
nach hundert Jahren ohne Zähne:
“Komm her mein Held“, wobei sie kichert,
“die Eltern, die sind gut versichert.“

Informationen zum Gedicht: Dornenröslein

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12.07.2011
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