Auf dem Flohmarkt

Ein Gedicht von Micha Schneider
Ich war heut’ auf dem Flohmarkt,
wo jeder gern en gros parkt,
was er als „alt“ verflucht,
jedoch ein anderer sucht.

Doch heute dieser Flohmarkt
war eher ein „Popo“-Markt.
Ich sage es jetzt barsch:
Der Markt war für den Arsch!

Denn statt antiker Wunder
fand ich nur morschen Plunder,
zudem aus neu’ster Hand
viel Kitsch und bunten Tand.

Nicht einmal netten Trödel,
nur Imbisse für Knödel,
Cous-Cous und Pommes Frites –
der Flohmarkt war ein Witz!

Und was nicht unerheblich:
Man suchte hier vergeblich
Barock und Art Nouveau,
Empire und Art Déco.

Man fand weder Zylinder,
noch Spielzeug für die Kinder,
kein Smoking mit ‘nem Fleck –
nur türkisches Gebäck.

Und Profi-Filialisten
vertickten ganze Kisten,
gefüllt mit neuen Hosen,
auch warmen Coladosen.

Dort stritt ein Pakistaner
recht laut mit ‘nem Iraner,
weil er an dessen Stand
die selbe Ware fand.

Denn Tinnef aus Kleinasien,
Sri Lanka und Kaukasien
wird meistens feilgepriesen
von wirtschaftlichen Riesen.

Die lassen produzieren,
wo man darf schikanieren –
und das gibt es noch heute –
die ärmsten aller Leute.

Der Mist, gekauft und heimgebracht,
hält allerhöchstens eine Nacht:
An Hosen platzen Nähte,
in Radios die Drähte.

Solch Flohmarkt ist neuralgisch
und keineswegs nostalgisch,
ist denn sein Warenangebot –
auch vornehm ausgedrückt – nur „Kot“.

© Micha Schneider

Informationen zum Gedicht: Auf dem Flohmarkt

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01.05.2017
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