Ostergedanken

Ein Gedicht von Maria L. Späth
Du suchst verzweifelt nach dem Sinn des Lebens,
stellst fest, im Himmel suchst du ihn vergebens,
du haderst mit den Göttern und sie schweigen.
Du fragst die Pfaffen, und sie zeigen
dir ihren blinden Gottesglauben.
Du analysierst den Dreck der Tauben,
die Philosophen und der Menschen Spiel,
einfach alles, und du findest viel
Gesagtes über unsres Lebens Sinn.
Es zieht dich zu den Menschen hin,
die auf der Suche sind wie du.
Zuletzt schlägst du die Bücher zu.
Was hat dein Lesen dir gebracht,
hat es dich wissender gemacht?
Hast du die Antworten gefunden
in fast 560 Tausend Lebensstunden?

-Oder bist du nur im Kreis gelaufen,
herum um diesen großen Haufen,
um diesen Berg aus Gier und Macht,
Müllhalden von des Menschen "Pracht".
Hast du bei allen deinen Runden
zu viele Menschen nur gefunden,
die ihren Lebenssinn drin sehen,
stets über Leichen anderer zu gehen,
die keine Ehrfurcht niederzwingt,
kein Gott in ihre Seele dringt?

Kein Erdenfleck ist ihnen heilig,
und kein Gedanke zwischenzeilig,
ob ihr Verhalten Folgen zeigt.
Der Mensch ist nur sich selbst geneigt.
Das Böse liegt in seinen Zellen.
Sich möglicher Gefahr zu stellen,
sind nied're Triebe ein Alarmsystem.
(Das Gute macht allzu bequem.)
So ist's uns also angeboren,
das Schwache hat per se verloren,
wir unterliegen allerletzt
auch nur dem Mendelschen Gesetz.

Ist das allein des Lebens Sinn:
Das Starke rafft das Schwache hin?
Sind meine Götter die Natur?
Und lernen wir nicht durch Kultur?
Ich nehme teil am großen Fressen,
du, dumme Seele, sollst vergessen,
dass du dir einen Sinn ersehnst,
dich gegen dieses Tun auflehnst.
Sei still und gib doch Ruh!

Und frage nicht: Wozu
ist dieser Mann am Kreuz gestorben,
in Kerkern andere verdorben
für ihren Glauben, Menschenrechte, Ehre,
wenn doch nur alles sinnlos wäre,
nur Hirngespinst mutierter Affen,
die nicht begreifen, es nicht raffen,
dass uns kein Götterfunke hat beseelt.
Die Bestie Mensch, sie frisst und quält,
vernichtet, tötet und bekriegt,
weil es in ihren Genen liegt.

Doch meine Seele will nicht schweigen.
Sie lockt den süßen Klang der Geigen,
von Weisen, Liedern mir ins Ohr.
Sie zaubert Bilder mir hervor
von Glück, von Lachen und von Weinen,
von Dingen, die mir göttlich scheinen.
Sie führt ihr eignes Dasein an,
das niemals nur ein Nichts sein kann.
Sie sagt mir, höre hin,
da drinnen liegt der Sinn.


Ich bin zurück im alten Spiel:
"Mein Kind, du fragst zu viel".

Informationen zum Gedicht: Ostergedanken

508 mal gelesen
(5 Personen haben das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
1
03.05.2015
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige