Pur

Ein Gedicht von Lothar Schwalm
Vielfarbenkleckse regnen auf mich nieder
jetzt und gleich und immer wieder
Tupfenküsse überall am Körper
inmitten von Haselnüssen und Flieder
Käfer krabbeln und Ameisen klettern
auf mir herum – gar nicht dumm
sie erobern mich und ich sie,
bin einer von ihnen
Grillen und andere Tiere zirpen
unter mir um die Wette
ich liege im Gras und höre das
der Wind streicht um meine bunten Beine
ich und Du – wir sind nicht alleine
grün jede noch so kleine Bewegung
mit braun-gelb-roten Applikationen
ich fühle mich angemacht wie ein Salat
Menschendressing tropft von Pinseln
und versickert in Bauchnabelinseln
Und neben mir ein Ameisenstaat,
der seinen Nachwuchs schützt
ich liege neben ihnen,
auf Ellbogen gestützt
schaue in den siebten Himmel
denke an meinen grünen Pimmel
noch nie war er grün – wie schön!
Ich klettere in einen großen Baum
und weiß: Ihr seht mich kaum
räkele mich auf schlanken Ästen
langsam versinkt die Sonne im Westen
der Tag, er endet langsam im Dunkeln
im Dickicht höre ich Lurche munkeln:
„Die Menschen schleichen nun nackt umher!“
als hätten sie es schon ewig getan
farbig wie ein Chamäleon
tanzen sie barfuß durch hohes Gras
und sie wissen genau: Es macht richtig Spaß
die Körper sind nicht mehr zu erkennen
wenn Feuerwanzen in Halmen brennen
die Finger sind bunt vom vielen Malen
wer grün sein will, leidet Höllenqualen
wenn Mücken und Bremsen die Leiber plagen
höre ich mich doch am Ende sagen:
der Atem, die Nacktheit, die Lust, die ist pur –
ich fühle mich eins mit der Natur!


ls170802

Informationen zum Gedicht: Pur

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24.07.2011
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