Unverblümt

Ein Gedicht von Lars Abel
Ich schlepp` mich wankend vor das Tor,
die Därme drängen wild hervor
Ich halt´ sie mit dem linken Arm,
mein Blut rinnt schnell, mein Blut rinnt warm
Vor deiner Tür sack´ ich hinab,
nur einen Wunsch ich an dich trag´:
Schenk mir ein Grab, geliebtes Weib,
auf´s Jenseits zu ich treib´

Schenk´ einen Blick mir, da ich geh´
auf Erden ich dich nimmer seh´
Es wär´ zu schön um wahr zu sein,
ach fänd´ mein Leib nur heim
Schon öffnet sich das traute Tor,
dein lichtes Antlitz strahlt hervor
und meine Augen tun es auch,
doch dann- nur Schall und Rauch

Das Atmen stockt im Pulverdampf,
für den Moment so fern dem Kampf
Zurück bin ich im Feuersturm,
zuhaus ein Held, im Feld ein Wurm
Ich zog hinaus für´s Vaterland,
den Krieg hab´ schrecklich ich verkannt
Der Tod entfaltet seine Macht,
mich tot zu seh´n, Gott, wie er lacht

Die Schlacht ihm Unterhalt verschafft
aus Wunden säuft er Lebenssaft
Von jenen nimmt er, die vergeh´n
und unverblümt den Krieg beseh´n
Er trägt den Sieg allein davon,
lässt uns zurück, johlt voller Hohn
Heut´ frisst er sich so richtig satt,
leckt Blut vom Stacheldraht

Hier zittert noch des Schützen Hand,
Gewehr bei Fuß, zerfetzt im Sand
Der Träger seine Mutter ruft,
der Tod läuft los und sucht
Ich schau ihm angewidert zu,
wie er so schlemmt, in aller Ruh´,
dann trübt mein Blick sich endlich ein,
Tod siegt, ich sterb´- allein

(C) Lars Abel

Informationen zum Gedicht: Unverblümt

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25.09.2015
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