Rendezvous mit Nebenwirkungen - anno 1910

Ein Gedicht von Klaus Enser-Schlag
Geheimrat Carl von Hohenfeld
fühlt sich als junger, starker Held.
Der Mann in seinen besten Jahren
will Liebesglück sogleich erfahren…

Sein schütt’res Haar ist eingeschmiert,
mit Glanz-Pomade schön frisiert.
Die Orden hängen an der Brust,
doch inwendig tobt Liebeslust!

Champagner perlt in feinem Glas,
denn Alkohol erhöht den Spaß...
Das Grammophon spielt „Turandot“,
Caruso ist ein wahrer Gott.
Sein „Nessun dorma“ – wunderschön,
man könnt‘ vor Sinneslust vergeh’n…

Sie kommt herein – wie wunderbar!
So schön wie einst Kleopatra!
Und Carl fällt vor ihr auf die Knie,
dann möcht‘ er wieder hoch – doch wie?
Er ist ja leider sehr kompakt,
sie zieht ihn hoch – ein Knochen knackt…

Carl schaut ihr lüstern ins Gesicht,
ein Schwindel kommt, drückt aufs Gewicht,
erneut fällt er zu Boden jetzt,
Kleopatra ist schwer entsetzt,
er fällt auf sie, reißt sie mit um
liegt schwer auf ihr, mein Gott wie dumm!

Es kann ja niemand was dafür,
da öffnet sich erneut die Tür
und Frau Geheimrat, starr vor Schreck,
sieht ihren Mann als lüst’ren Jeck!

Kleopatra schreit gellend auf,
springt auf und flieht im Dauerlauf,
verfolgt von des Geheimrats Frau,
die nennt sie eine… ja genau!

Am nächsten Tag, im Parlament,
da stutzt der erste Präsident,
Geheimrat Carl – der arme Wicht -
ein blaues Auge im Gesicht!
Sein Haar ist weg - was für ein Graus!
Die Frau riss seine letzten aus…

Ein „Rendezvous“ hat über Nacht,
Geheimrat Carl viel Schmerz gebracht.
Drum: Schuster, bleib‘ bei Deinen Leisten,
es kommt doch ‚raus – wie bei den Meisten…

Informationen zum Gedicht: Rendezvous mit Nebenwirkungen - anno 1910

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10.10.2014
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