Der Baumgeist

Ein Gedicht von Ingrid Baumgart-Fütterer
-1-
In der Eiche mir ein Geist erscheint,
seit Jahrhunderten vor sich hin weint
seine Tränen sind nicht zu stoppen,
will mich meine Wahrnehmung foppen?
-2-
Im Baumstamm sehe ich ein Gesicht,
die Mimik ändert sich je nach Licht
Kummerfalten zerfurchen die Stirn,
befindet sich dahinter Hirn?
-3-
Der Mund im Stamm ist aufgerissen
und seine Lippen sind zerbissen,
aus ihm dringt ein stummer Hilfeschrei,
der Baum hat Angst, dass er bricht entzwei.
-4-
In seinen Augen steht Entsetzen,
wird man ihn bald tödlich verletzen,
weil er für Häuser Platz machen muss,
das wär ein unwürdiger Abschluss.
-5-
Mich überkommt große Traurigkeit,
ja, es ist tatsächlich fast so weit,
dass Uraltbäume gefällt werden,
allmählich verschwinden auf Erden.
-6-
Tränen in meine Augen stürzen
ich würd gern sein Leiden verkürzen,
aus meinem Mund dringt ein Hilfeschrei,
in der Krone bricht ein Ast entzwei.

Informationen zum Gedicht: Der Baumgeist

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14.03.2024
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Baumgart-Fütterer) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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