Das Schreckgespenst

Ein Gedicht von Ingrid Baumgart-Fütterer
- Parodie auf Goethes "Erlkönig"
-1-
Wer stolpert so spät durch Nacht und Wind,
es ist der Vater mit seinem Kind,
der Knabe hält ihn fest an der Hand,
am Gelenk Leine, Hundehalsband.

-2-
"Mein Sohn, mach kein so böses Gesicht,
ich mach mir Sorgen, siehst du,s denn nicht?

"Vater, auch ich sorg mich um dich sehr,
du trinkst in der Kneipe immer mehr!"

-3-
"Du spionierst mir nach, lieber Sohn,
dazu sagte ich noch keinen Ton
kreuzt in der Kneipe auf in der Nacht,
mit dem Vater man sowas nicht macht."

-4-
"Mein Vater, mein Vater glaube mir,
aus Sorge um dich bin ich bei dir,
bitte nicht deine Nerven verlier,
brülle, schimpfe nicht nachts um halb vier.

-5-
"Geh, feiner Knabe, mit mir jetzt heim,
wir woll,n einander nicht böse sein
Vater und Sohn sind wir nach wie vor,
du hast Recht, manchmal bin ich ein Tor."

-6-
"Vater, mein Vater, siehst du nicht dort
die Schnapsleiche am düsteren Ort?"

"Mein Sohn, mein Sohn, ich seh,s nicht genau,
um mich herum ist,s dunkel und grau."

-7-
Die Schnapsleiche wird zum Schreckgespenst
"Mein Sohn, am besten du schnell wegrennst,
ich werde das Gespenst abwehren,
ihm gehörig das Fürchten lehren."

-8-
Der Sohn nimmt die Beine in die Hand,
Leine strafft sich am Hundehalsband,
sein Vater stolpert hinter ihm her,
bald darauf gibt,s den Vater nicht mehr.

-9-
Er liegt als Leiche am düstren Ort,
war es ein Unfall oder ein Mord?
Das Schreckgespenst, es zieht sich zurück,
der verängstigte Sohn lebt zum Glück.

Informationen zum Gedicht: Das Schreckgespenst

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26.11.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Baumgart-Fütterer) für private und kommerzielle Zwecke frei verwendet werden.
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