An der Himmelspforte

Ein Gedicht von Heinz Säring
Zwei Personen, müsst ihr wissen,
hatten hier ins Gras gebissen,
und am Himmelstore dann
kamen sie ganz zeitgleich an.

Wer sie war'n, sollt ihr erfahren:
Einer Pfarrer Crusius,
Philipp fuhr seit vielen Jahren
einen großen Omnibus.

Und da standen sie verdrossen,
denn das Tor, es war verschlossen.
Immer diese Warterei,
noch dazu am ersten Mai!

Petrus war gerad' dabei,
Opfer einer Schlägerei,
die kurz vorher eingetroffen,
- manche war'n noch halb besoffen -,
für den Herrgott anzumelden.
Solcher Andrang ist schon selten.

Aber daraus folgt der Schluss,
dass man draußen warten muss.
Doch im weiteren Verlauf
ging die Pforte schließlich auf.
Für den Crusius war klar,
dass er hier bevorzugt war.

Doch - der Pfarrer konnt's nicht fassen -,
wurde Philipp vorgelassen!
Crusius fand das unerhört,
hat bei Petrus sich beschwert:

"Ich war stets ein treuer Hirte,
die Gemeinde eine Bürde,
während dieser oft sogar
nicht mal in der Kirche war!

Jetzt wird der mir vorgezogen,
ich fühl mich total betrogen!
Das ist wahrlich eine Schmach!"
Doch der gute Petrus sprach:

"Ist das Gros von deinen Schafen
bei der Predigt eingeschlafen,
und sie fühlten sich erst frei,
wenn die Kirche war vorbei ---

--- doch die Leute in dem Bus,
lieber Pfarrer Crusius,
wenn er fuhr rasant und munter,
scharf die Serpentinen runter,
und er hat noch Gas gegeben,
beteten sie um ihr Leben!"

Informationen zum Gedicht: An der Himmelspforte

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04.08.2011
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