Manolos

Ein Gedicht von Heidi Geiberger
Wir tragen Schuhe, hört man sagen,
obwohl’s nicht stimmt, weil sie uns tragen.
Sie werden nur von uns benutzt
und meistens nicht einmal geputzt.

Dass sie nach unserer Pfeife hüpfen,
genügt es, in sie rein zuschlüpfen,
ob Damen, Herren, Mädchen, Knaben,
es wird bestimmt, wohin sie traben.

Doch niemals werden sie vergessen,
als eine Dame – ganz besessen –
ist zum Fachgeschäft gelaufen,
um Manolos einzukaufen.

Sie wollte mal Verschwender spielen,
ohne auf den Preis zu schielen
und nicht einmal ihr Kontostand,
verhalf ihr wieder zu Verstand.

Statt den Damenfuß zu schmücken,
begannen furchtbar sie zu drücken,
noch bevor sie jemand sah,
standen sie verlassen da.

Die Dame hatte nicht bedacht,
dass kein Fuß so über Nacht
- die größte Ungerechtigkeit auf Erden –
hat die Tendenz zum kleiner werden.

Zwei Schuhe freuen sich im Stillen
über ihren eig’nen Willen.

Informationen zum Gedicht: Manolos

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24.06.2013
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Heidi Geiberger) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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