Treibjagd

Ein Gedicht von Friedrich Graf
Wild hetzt mich die Mammon-Meute
gnadenlos durch diese Welt,
will dabei als einzige Beute
nur mein hart verdientes Geld.

Ich finde kaum noch etwas Ruhe,
von überall wird unverhüllt,
ganz egal was ich auch tue,
geil nach meinem Geld geschielt.

Zu Wasser-, Strom- und Heizungskosten
sagt der Lieferant leger:
Bevor mir die Gewinne rosten
verlange ich ein bisschen mehr.

Kaum dass ich dem Bett enthüpft bin,
ernst den Pflichten zugetan,
in die Wäsche flink geschlüpft bin,
schalte ich das Radio an.

Kurz nach ein paar flotten Weisen
stockt der Melodienfluss,
und Werbung fängt laut an zu kreißen,
was ich schleunigst kaufen muss!

Dann hole ich zum informieren
die Tageszeitung schnell ins Haus,
da fällt bereits beim Vorsortieren
ein dicker Pack Prospekte `raus.

Auf bunten Seiten wird bebildert
ein großes Massengüterheer,
in grellen Texten wird geschildert:
„Kauf schnell, sonst ist das Lager leer!“

So ein Werktag. ja der dauert,
zieht im Schneckengang sich hin,
bis ich endlich, ausgepowert,
mit der Arbeit fertig bin.

Nochmals heißt es durchzuschnaufen,
um, mit Willenskraft behaucht,
schnell im Center einzukaufen,
was man so zum Leben braucht.

Wandelnd zwischen den Regalen
sich mein Blick am Preis fixiert,
von allen Hinterkommazahlen
ist „Neunundneunzig“ stets notiert.

Dem Kunden wird so vorgegaukelt
ein Tiefpreis, weil er nicht erkennt,
dass man ihn wissentlich verschaukelt
mit einem einzigen Rundungscent.

Reflexhaft glaubt er, superbillig
sind heut´ die Waren, klasse, toll - - -,
und stopft sich zwanghaft, unfreiwillig,
ohne Not den Wagen voll.

Ähnlich ist es mir ergangen,
auch mein Einkaufskorb wiegt schwer:
zum Schluss wird man mir abverlangen:
„Bargeld oder Kärtchen her!“

Gestresst zu Hause angekommen,
knapp vor dem Ermüdungsbruch,
hab ich mir ernsthaft vorgenommen:
Entspanne dich mit einem Buch.

Doch wie so oft beim Büchertanken:
Der Geist entschwebt in selige Ruh…,
die Müdigkeit mit ihren Pranken
drückt sanft die Augenlider zu.

Nach ein paar tumben Traumsequenzen
bei denen ich danieder lag,
entschwebe ich den Daseinsgrenzen,
doch plötzlich bin ich wieder wach.

Entbunden von der Alltagsfessel,
vom Joch des Leistungsdrucks befreit,
versink´ erneut ich in den Sessel,
die Fernbedienung griffbereit.

Geduldig fang ich an zu zappen,
mein Anspruchsdenken ist entschärft;
doch meine wunden Fingerkappen
ertasten „Werbung“ nur, was nervt!

Statt Meinungsvielfalt fair zu pflegen,
springt Raubtier-artig, wild und stur
Reklamemüll mir wild entgegen,
will nichts als meine Euros nur!

Alles schielt nur nach Moneten,
die Menschlichkeit sie zählt nicht mehr,
ich kann nur voller Inbrunst beten:
Konto, bitte, werd` nicht leer!


(© Friedrich Graf)

Informationen zum Gedicht: Treibjagd

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23.01.2014
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Friedrich Graf) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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