Einsicht

Ein Gedicht von Friedrich Graf
Es ist schon wieder `mal soweit:
Die Frau entnervt nach Urlaub schreit.
Das Dumme jedoch ist dabei,
die Firma gibt dich noch nicht frei.

Erst gilt es ohne Gegenfragen
einen Auftrag abzutragen.
Dein Weib schluckt tapfer diesen Schreck - -
und fliegt mit - - - Freundin Lea weg.

Nach zwei harten Arbeitswochen
bist du entschlackt bis auf die Knochen
vom vielen Mager- Haferschleim,
doch endlich kommt dein Schätzchen heim.

Du fährst zum Airport, bleibst geduldig,
als Ehemann ist man das schuldig,
um deine Frau auf leisen Sohlen
vom Türkei-Urlaub abzuholen.

Der Flug war pünktlich; kurz nach Zehn
siehst du dein Herzchen abseits steh`n,
wie es küssend, liebestrunken
war in einem Mann versunken.

Augenblicklich wird dir klar,
dass dieser Kerl nicht Lea war.
Das kam nicht durch Geschlechtsumwandlung:
Das war Ergebnis falscher Handlung!

Statt Lea wie `s vereinbart war,
erkanntest du nun Leo klar.
Und Leo ist, man ahnt es schon,
vom alten Chef der junge Sohn.

Sofort fühlst du dich als erzürnter
Schmach beladener Gehörnter.
Doch wie verletzter Stolz es will,
kocht nur dein Herz, dein Mund bleibt still.

Dein Weltenbild fängt an zu schwanken,
es wirbeln tausende Gedanken,
die schließlich in Erkenntnis enden:
Lass dich vom Treueschwur nicht blenden.

Und wenn der Chef mal wieder spricht:
“Urlaub? Jetzt? – Das geht noch nicht!“ …
Dann bleibe stur, sei hart und schlau –
und folg` dem Ratschlag deiner Frau.

Statt dich beruflich zu verschleißen,
wär`s besser mit ihr zu verreisen!


(© Friedrich Graf)

Informationen zum Gedicht: Einsicht

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05.01.2014
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Friedrich Graf) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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