Mit gebroch´nen Schwingen

Ein Gedicht von Christoph Hartlieb
… Ein Sommer voller Glut - nun wird es schwächer.
Sturm tobt durch leere Straßen, heult um Dächer,
Vernichtung, Ohnmacht, Trauer und Gewalt.
Die Nächte werden länger, es wird kalt.
… Zugvögel auf dem langen Weg nach Süden,
sie haben sich zu Flug und Flucht entschieden,
denn wenn sie bleiben, werden sie bedroht
von Schnee und Frost, von Hunger und von Tod.
… Ahorn und Birken sind bereit zu sterben.
Ihr Alltagsgrün beginnt sich zu verfärben
in golden-gelbe, feuerrote Pracht,
der Tod als Rausch im Angesicht der Nacht.
… Ich selber – soll ich fliegen oder bleiben,
verharren oder auch gen Süden treiben,
wo Wärme wartet, Leben und Gefühl,
wo alles hell wird, Leichtigkeit und Spiel.
… Ich bin ein Kranich mit gebroch´nen Schwingen,
kann nicht mehr fliegen, nur noch singen
den alten. sehnsuchtsvollen Sterbesang.
Dann wird es Winter, unerträglich lang,
… Dann wird mich Äußeres nicht mehr berühren,
dann werd ich weder Schmerz noch Liebe spüren,
ich werde tot sein für die Welt und dich,
und du wirst frei sein, unabänderlich.
… Noch einmal flammt mein Lied in tausend Farben.
Schon rinnt mein Blut aus unverheilten Narben.
Ein rauher Herbstwind klagt erschreckend hohl.
Geliebte, dir ein letztes Lebewohl!
... Geschrieben im Norden, in Stockholm.
Silesio

Informationen zum Gedicht: Mit gebroch´nen Schwingen

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01.10.2021
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Christoph Hartlieb) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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