Profil von Joanna Nawrot

Typ: Autor
Registriert seit dem: 24.06.2017

Statistiken


Anzahl Gedichte: 6
Anzahl Kommentare: 0
Gedichte gelesen: 598 mal
Sortieren nach:
Titel
6 angestaute Sprachlosigkeit 04.08.20
Vorschautext:
Schreiben bewahrt mich vor Selbstauflösung,
ein kleiner Schritt entsteht –
mich euch offenbaren,
die ihr mit euren Sinnen zu erkennen sucht,
eine kleine Entlastung,
angestaute Sprachlosigkeit
vermischt mit Lebensatem -
ein Wort entsteht,
lindert den Brechreiz,
der zur Abenddämmerung die Kehle zu würgen beginnt,
angestaute Sprachlosigkeit.

...
5 Selbstversuch zum Überdauern 03.08.20
Vorschautext:
Ich bin frei in einer Welt, die für mich unendlich ist, eine Welt dazwischen, zwischen den Zeilen, zwischen den Buchstaben, zwischen den Menschen, den Gefühlen, den Lebenswegen. Entscheidungen werden außerhalb getroffen, Zusagen ohne Absprache zugesprochen, der Bund der Loyalität ohne Vorlauf geschlossen. In der Zwischenwelt throne ich in meiner Mitte, im Kreis meines Vertrauens. Wenn du mir nichts geben kannst, bekomme ich alles. Wenn ich dir nichts sein kann, bin ich alles für dich. Wenn die Zeit abgelaufen ist, bin ich reif genug dafür. Deine Pusteblume ist mir die schönste, dein Traum vom Fliegen mir zum Greifen nah. Und meine Erinnerung an dich glänzt im Regenschauer über unseren verdrehten Köpfen. Den Kopf in den Wolken, den Treibsand an den Schuhsohlen, throne ich in meiner Mitte. Die Zeitfresser können kommen. Wir sind geübt im Überdauern.
4 Freiflug 02.08.20
Vorschautext:
Wir setzten den Fuß in die Luft und sie trug.
Wir verliehen schillernden Traumsequenzen Unendlichkeit und sie hielt.
Wir ließen Sekunden in winzigen Zeitfenstern implodieren und sie blieben.
Heute wird emotionalen Ausläufern kein Einhalt geboten.
Sie scharren hinaus die Ferne abzutasten,
gereift im Unvernünftig,
blind vor Lebenslust,
entstaubt vom
Herbstregen.
3 Auftakt der Veränderung 31.07.20
Vorschautext:
Was hast du dir unter die Haut geschrieben? Wen hast du einverleibt? Wer ist zurückgeblieben nach dem Toben des Orkans zwischen den Haltestellen des Lebens? Was knetet dir die schmerzvollen Verspannungen aus deinen Halswirbeln heraus? Vor wem entblößt du dich jetzt schon, bevor die ersten Blätter vom Himmel fallen?

Bleib im Takt des Herzens mit deinem Schritttempo, überhol die Jahreszeiten nicht. Ertrage die Hitze und die Kälte, den Schweiß und den Frost auf deiner Stirn. Betaste die Veränderungen unbefangen im Werden. Ertrage diese beißende Konstante. Sie gewährt dir Absprünge zum Seelenfrieden, bettet abendliche Fluglinien zwischen Regenbogenfäden deiner Gezeiten, lässt dich den goldschimmernden Morgentau aus der Ferne riechen.

Die Veränderung macht dich frei.
2 Vergänglichkeit im Fokus des Lebens 31.07.20
Vorschautext:
Irgendwo zwischen gestern und dem vorletzten Luftholen ist sie alt geworden, meine Haut. Sie pellt meine Seele frei.
Irgendwo zwischen dem vorletzten Luftholen und jetzt hab ich einen Gedanken verloren gehen sehen. Und ich dachte noch – Es ist unser Denken, das unser Leben so heimatlos macht.
Und irgendwo zwischen Schlaf und Wach warte ich auf das Abwinden des Schicksals.
Und zum Zeitvertreib und aus tiefster Notwendigkeit meines Seins wird gemeißelt, bis auch der letzte Buchstabe freigekratzt ist. Und weil das Abwinden auf sich warten lässt, fegen die Winde den Meißelstaub vom Leseweg frei. Mein Leicht-Meißelhammer passt wie angegossen zu der Hautpellung der Handoberflächen. Es muss nicht schön werden, aber wahr.
1 nach der Stunde Null 24.06.17
Vorschautext:
Und dann kam die Zeit nach dem Tod. Dann kam die Stunde nach der Stunde Null. Dann ging es dort weiter, wo geschrieben stand, dass es niemals wieder weiter gehen könne, dort, nach der Stunde Null. Und es ging weiter. Und es geht weiter. Mit welchem Recht und aus welchem Anlass heraus und durch wessen Verschulden auch immer – der Sand floss weiter durch die winzige Öffnung Zeit, auch dann schon, als der Tod ihr Einhalt gebot, als die Gezeiten im Vakuum implodierten und ein schwarzes Loch die Sekunden verschwinden ließ, auch dann schon rann das Sandkorn der Erdanziehung entgegen. Wie ein Buddha sitze ich hier über meinem Mandala aus Sand und kreiere seine Vollkommenheit mit bunten Sandkörnern in höchster Präzision im klarsten Wissen darüber, dass das Kunstwerk im Moment der Vollendung seine Anwesenheit verlieren wird. Ein einziger leichter Windhauch wird die Grazie seiner Schöpfung ins Universum zerschlagen, sie in den Lauf der Zeit untermischen und uns sein Wesen auf Erden entziehen. Wie ein Buddha sitze ich hier und forme Lebenszeichen in mein kleines Universum vor der Stunde Null.
Anzeige