Hürden

Ein Gedicht von Annelie Kelch
Und manchmal möcht' ich wieder Kind sein:
mich in der Heimat auf dem Marktplatz drehn,
von dort durch alle meine bunten Straßen gehn,
darin ich einmal nach dem Tanze lief um Mitternacht
ganz unbehelligt - finster war 's und still -
am Himmel glühte einsam nur ein Single-Stern ...
Und du warst mir so nah und doch - unendlich fern.

Mein Nichtchen schlief fest, ich war zu Besuch,
nicht weit entfernt von Elternhaus und Deich
und sollte diesen Rest der Nacht
in Nichtchens Näh' verbringen.
Ich wollte weinen wegen dir,
doch tat ich leise singen
ein Wiegenlied. Ich ging den falschen Weg;
es schien dir gleich.

Wie konnte ich voraussehn, was geschehen würde?
Ich war doch selber wie betäubt und wusste nicht, wohin!
Die wahre Liebe irrt nie? -
Unter Menschen ist sie wohl die größe Hürde;
ich bin oft traurig, darling – und ich weiß
genau, weshalb ich' s bin.

Ach, wenn du wüsstest - wüsstest du doch bloß,
wie mir zumute ist an manchen Tagen,
was ich mich nie getraut hab', dir zu sagen,
hat sich in mein Gedächtnis eingegraben
und wächst dort wie ein kranker Baum heran.

Trotz allem möcht' ich manchmal wieder jenes Kind sein,
das dumme kluge Kind von einst, das, statt zu lachen,
still träumte, litt und weinte und sich fast
zu Tode quälte - unter deinem Bann.

Informationen zum Gedicht: Hürden

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18.02.2017
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