Tante Mina in der Hängematte

Ein Gedicht von Ingrid Bezold
Mittagszeit... und heiß, der Sommertag.
Der Himmel blau, wie aus dem Bilderbuch.
Wer gerne pralle, dunkle Kirschen mag,
wagt, wenn der Hausherr ruht, den Baumbesuch.

Doch nicht bei meiner schlauen Tante.
Sie kennt sich aus in allen Raffinessen -
lebt, seit der Krieg vorbei ist, auf dem Lande;
durch ihren Fleiß hat sie dort stets zu essen.

In ihrer Pause lebt sie ihren Traum;
genießt die Blumen und den schönen Garten ...
klemmt sich die Hängematte in den Baum -
und Kirschendiebe müssen warten.

Die Glückliche schwingt sanft und lacht
in ihrem neuen Ruhebett;
hat an Bequemlichkeit gedacht -
trägt nur ein leichtes Korselett.

Die Kirchturmglocken läuten Drei
und Tante Mina will ins Haus...
doch dann ihr schriller Hilfeschrei:
"Ich komm nicht hoch - holt mich hier raus!"

Nach langem Rufen ists soweit...
der Nachbar hört ihr lautes Klagen.
Die stolze Tante ohne Kleid
lässt über Hemmschwellen sich tragen...

...und die Moral von der Geschicht:
Verachtet Kirschendiebe nicht;
denn kommen sie zur rechten Zeit,
sind sie vielleicht gar hilfsbereit.


(C) Ingrid Bezold

Informationen zum Gedicht: Tante Mina in der Hängematte

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11.07.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Ingrid Bezold) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
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