Stiller Besuch
Ein Gedicht von
Ingrid Bezold
Novembermäusegrau am Morgen
und Blätterrascheln unter jedem Tritt.
Gekrümmt vor ungelösten Sorgen -
schleppend sein schwerer, müder Schritt.
Er kennt sie alle, die hier ruh´n
vom Namen, eingraviert im Stein.
Die Menschen, einst erstrahlt im Ruhm
und andere, mehr Schein, als Sein.
Frau Geheimrat – schwarz lackiert
oder Herr Baron von Münden
frisch in Goldschrift aufpoliert -
längst befreit von allen Sünden.
Engel knien, lächeln, weinen
in Bronze- oder Marmorguss
Klammern dicht an alten Steinen -
kalter Mund geformt zum Kuss
Versunken sitzt er auf der Bank
bei der Fichte nebenan.
Demutsvoll haucht er den Dank.
in Nebelstille weint der Mann.
© Ingrid Bezold
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