Erkenne die Vergeblichkeit / Der Genuss des Nicht-Handeln

Ein Gedicht von Jan Jendrejewski
Schau sie dir an:
Wie sie umherlaufen, immer in Eile.
Sie wollen dies, sie wollen das.
Das Leben ist kurz, sagen sie.
Nutze den Tag, sagen sie.
Sie reden, als würde am Ende ihres Lebens
Ein Richter auf sie warten, der urteilt,
Ob sie ihr Leben nicht verschwendet haben.

Scheiß auf Carpe diem!
Scheiß auf „Du sollst!“!
Keine Tränen, kein Schweiß, kein Blut.
Dies sind Formeln ständiger Unruhe.
Sklaven sind sie! -
Ihre Ketten selbst geschmiedet und angelegt.

Die Einen suchen die große Liebe,
Die Anderen das große Geld.
Diese sind hungrig nach Macht,
Diese streben nach Ruhm und Ehre.

Diese quälen sich mit Sport und Diäten,
Diese sind an ihren Schreibtisch gefesselt.
Sie steht immerzu vorm Spiegel,
Er immer über ein Buch gebeugt.

Sie alle treibt der gleiche Glaube an:
Erst dann werde ich glücklich sein,
Erst und nur dann.
Besessen und blind sind sie,
Dass sie oft zu spät erkennen,
Dass letztlich doch alles vergeblich ist.
Dass alle Mühen, alle Leiden,
Die vielen Kämpfe
Umsonst waren.
Und alle, die begehren,
Niemals Ruhe finden.
Denn sogar der, dessen Wünsche sich erfüllen,
Der die Schlacht siegreich bestanden,
Wird erkennen, dass er selbst immer das Übel war.
Denn nie wird er etwas wirklich besitzen,
Denn alle Dinge gehören dem Schicksal.
Und nie wird die Salzwasser-Quelle seiner Wünsche austrocknen,
Wenn er sie nicht selbst zuschüttet.

Wer die Liebe gefunden hat, fürchtet sie wieder zu verlieren.
Und mit allem Geld der Welt kann man sich keine Ruhe erkaufen.
Nur man selbst kann sich befreien.
Wer Macht hat, fürchtet sie wieder zu verlieren.
Und noch so viel Liebe und Fürsorge wird kein Elternteil davor bewahren,
Dass auch sein Kind einmal sterben wird.
Kein Ruf, kein Werk, keine Tat ist so groß,
Dass die Zeit nicht alles vergessen macht.

Erkenne die Vergeblichkeit!
Lasse los von allen Wünschen und Hoffnungen.
Niemals wirst du Ruhe und Freiheit finden,
Solange du begehrst und kämpfst.
Nur du selbst kannst dir Ruhe geben.
Lass alles unnötige Tun.
Scheiß auf alles!
Scheiß auf die Liebe!
Scheiß auf Geld und Konsum!
Scheiß auf Ruhm und Ehre!

Befreie dich aus deiner eigenen Sklaverei.

Denke an die Erkenntnisse:
Alles ist vergänglich.
Die Welt ist deine Vorstellung.
Erkenne, was du wirklich kontrollierst.
Vertraue nie dem Schicksal.
Leiste keinen Widerstand.

Setz dich einfach hin.
Entziehe dich dem ganzen Irrsinn.
Lass die Welt vorbeiziehen wie Wolken.

Tue einfach nichts.
Höre auf zu denken.
Gehe auf in dem Moment.
Spüre die Bedeutungslosigkeit des großen Ganzen.
Es gibt keinen Richter, der auf dich wartet.
Es gibt nur dich
Und die endlose, unbegreifliche Leere.
Die Welt bist du.
Es liegt an dir.
Finde die große Ruhe.
Das Einzige was wirklich zählt.

Informationen zum Gedicht: Erkenne die Vergeblichkeit / Der Genuss des Nicht-Handeln

79 mal gelesen
(Es hat bisher keiner das Gedicht bewertet)
-
10.09.2023
Das Gedicht darf unter Angabe des Autoren (Jan Jendrejewski) für private Zwecke frei verwendet werden. Hier kommerzielle Anfrage stellen.
Anzeige