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Anzahl Gedichte: 335
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Gedichte gelesen: 354.006 mal
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Titel
215 Frau Holles Nothelfer
Vorschautext:
Frau Holle schlief, vergaß das Schütteln
der Polster, keine Flocke flog.
Wen wundert’s, dass der Erdling greinte
und eine saure Miene zog.

Man schimpfte, haderte und drohte
der Schneefrau mit Berufsverbot.
Da schritt der Raureif ein. Der Bote
des Winters half dann aus der Not.

Er hauchte Glitzer in die Bäume,
warf Sternkristalle übers Land,
...
214 Schwarzeweißer Morgen
Vorschautext:
Ein Gipfel ragt als Insel
aus einem Nebelsee.
Den Kahlbaum zeichnen Pinsel
mit Tusche in den Schnee.

Schwarzweiß mit grauen Schatten
zeigt sich der frühe Tag.
Die Sonne sendet matten,
gedämpften Strahlenschlag.

Auch bringen Möwe, Krähe
kein Jota Farbton ein.
...
213 Mona Lisa lächelt
Vorschautext:
Mona Lisa lächelt immer,
manche sagen grenzdebil.
Mir gefällt der leise Schimmer
leichten Irreseins, der Glimmer
ganz akuter Zwangsneurose
in der wunderbarsten Pose.
Auch da Vinci sah das so,
malte dieses Lippenfroh
so betrachtet aus Kalkül.
212 Grabstein-Gassi
Vorschautext:
Der Vorteil eines Grabsteins ist
(anstelle eines Hundes nämlich),
er wirkt in keinem Fall vergrämlich,
macht auf der Straße keinen Mist
und zerrt nicht an der Leine.

Dem Bernhardiner oder Spitz
ist so ein Stein in vielen Dingen
weit überlegen. Nur zum Springen
vom Vorder- auf den Hintersitz,
da fehlt die Kraft der Beine.

...
211 Hausstaubmilben
Vorschautext:
Nicht vertreten

Im großen Drama der Antike
wo Zeus, Athene, Eros, Nike
den Kosmos auf die Bühne tragen,
wird stets ein Wesen unterschlagen,
erwähnt mit keiner einz’gen Silbe.
Das Unrecht trifft die Hausstaubmilbe.
Auch jenseits der Hellenendichtung
erfährt das Tierchen kaum Gewichtung –
und das stimmt traurig,
ganz furchtbar traurig.
210 Kälte, die wärmt
Vorschautext:
Kälte, die wärmt,
dich nicht verhärmt.
Kälte im Birkenreis,
Glitzer-Eis,
Bodenweiß.
Kälte, die klärt,
Strahlstunden mehrt,
Schönes noch schöner macht.
Kälte, die lacht.
Kälte im Reifkristall,
Flockenfall,
überall.
...
209 Goldlaubteppich
Vorschautext:
Blattgeschwister tanzen Reigen,
trudeln schwingend von den Zweigen,
Goldlaub treibt im Gartenteich,
Inselgelb im blauen Reich.
Lindenäste werden kahl.

Diese Stunde kennt kein Fahl,
jede Farbe schwelgt in Tönen,
heller, dunkler, sie versöhnen
mit dem Schwadenstrich, dem Grau.
Kurz die Zeit für solche Schau.

...
208 finkennovembergedanken
Vorschautext:
feuerzungenkörnchenkorb
blumensonne
finkenwonne
seh dich nicht
find dich nicht

distelsamenstachelkopf
futterkrippe
finkenwippe
seh dich nicht
find dich nicht

...
207 Noahs Erkenntnis
Vorschautext:
Dem lüsternen Fuchse zu hoch hängt die Traube,
mir nicht, denn ich sehe und spüre die Reife,
die Süße der Beeren, den Glanz. Ich begreife,
dass winzige Sonnen dort prangen und glaube
an Noahs Verlockung, die Säfte zu klären,
um dann ihren Geist in den Becher zu leeren.
206 Herbstentführung
Vorschautext:
Der Tag erwacht,
sein Morgengähnen zeigt schon festen Willen,
mit viel Bedacht
das Schöne in den Stundenlauf zu füllen.

Die Birke strahlt
noch heller als an langen Sommertagen,
der Springquell malt
den Regenbogen vielfach. Will er fragen,

ob ich vielleicht
der Fantasie den freien Lauf wohl gäbe.
...
205 Nebelblicke
Vorschautext:
Es fliehen die Nebel nicht, steigen nicht, bleiben
in Obstbäumen hängen, verdüstern den Tag.
Wie schlechtes Gewissen verharren sie, treiben
ihr Spiel mit den Sträuchern im Rotbuchenschlag.

Geheimnisse hüten sie, lassen nur ahnen,
was hinter dem Milchglas sich abspielen kann.
Die Schwaden umziehen in feuchtschweren Bahnen
den allentags märchenhaft finsteren Tann.

Und dennoch – wie alle Natur dies tut – schenken
die wolkigen Luftfahnen Heimeligkeit.
...
204 Adventmarktgewimmel
Vorschautext:
Ein Rentier hängt im Tannengrün,
der Weihnachtsmann steht frierend Wache.
Zwei Leuchtstoffelche klettern kühn
Fassaden hoch. Dort blinkt ein Stern,
er zuckt, sodass das Auge schmerzt.
Amerika ist auch nicht fern,
doch hör ich Jingle Bells ja gern.
Erheiternd alles – und ich lache.

Da schüttet mir ein junger Mann
den Glühwein auf die neue Hose.
Dann rempeln mich zwei Engel an,
...
203 Nebelfrei
Vorschautext:
Zum Spiel des Nebels mit dem Licht
gelüstet es den Tagstern nicht,
so bricht er mit Novemberbräuchen,
muss heute keinen Dunst verscheuchen
und geht in seinem Morgenlauf
als Pfauenrad aus Strahlen auf.

Es scheint der Busch zu brennen, hell
erstrahlt die Fichte, ein Gesell
des Schmiedes schürt noch Essenfeuer,
begrüßt den Tag so. Lieb und teuer
ist dieser Aufbruch mir und dir
...
202 Weihrauch zieht um den Berg
Vorschautext:
Nicht Weihrauch ist’s, doch scheint es so,
wenn Bodenwolken langsam steigen,
sich an den Hang des Berges neigen
und Fenster sich vom Nebel scheiden.
Grad diese Stunde mag ich leiden,
Man hört „in dulci jubilo“,

denn notenschwanger ist die Luft.
War’s doch der Harzqualm aus den Fässern,
Zerstäubung gar von Rosenwässern,
die solche Ankunftsstimmung zeugen?
Ich will mich dem Gedanken beugen
...
201 krippenwelt
Vorschautext:
krippenheu
muttertreu
hirtenstab
königsgab‘
josef wacht
kindlein lacht
schäflein und cherubim
hobelbank schusterpfriem
palme und tannenbaum
wüste und wiesensaum
dromedar alpenschaf
bettler und stolzer graf
...
200 Der Kragen-Erdstern
Vorschautext:
Der Kragen-Erdstern, Pilz, gedrungen,
hat eine Krause umgehungen.
Allein des Mittelwortes Form
zeigt an, der Pilz verachtet Norm,
warum, weiß niemand so genau,
im Satz- sowie im Körperbau.
Wer Grundgrammatik so verachtet,
ist ungenießbar, streng betrachtet.
199 Ich wünsche ein gutes neues Jahr fürs neue Jahr
Vorschautext:
Der gute Rutsch ins neue Jahr
ist gut gemeint, doch offenbar
auch tautologisch. Überflüssig
„das neue Jahr“ . Denn jiddisch bissig
heißt rosch Beginn (gemeint des Jahres),
wär doppelt schlicht was Sonderbares.
Hebräisch sagt man rosch haschana,
doch weiß bei uns das wirklich kana.
198 Im Spätoktoberwald
Vorschautext:
Heller als zur Sommerzeit,
greller als im frühen Mai
dringt das Licht durchs Kronendach.
Abgelegtes Buchenkleid
deckt den Boden. Leicht und frei
rieselt Blattgold tausendfach,
dort im Spätoktoberwald.

Ringeltauben sitzen schweigend
auf den halb entlaubten Ästen.
Finstre Krähennester tarnen
sich als Misteln, Zweige neigend.
...
197 Über die Verbreitung der Kellerassel
Vorschautext:
In München lebt die Kellerassel,
in Linz, New York und Lauterbach.
Sie wohnt in Regensburg und Kassel,
in Frankfurt dem Vernehmen nach.
Dass so ein Tier auch Augsburg liebt,
Venedig, Bregenz oder Bremen,
es dieses auch in Flensburg gibt,
ist unverfänglich anzunehmen.
Die Asseln – wie hier aufbereitet –
sind offensichtlich weit verbreitet.
196 Noch inniger geht's nicht
Vorschautext:
Wenn des Nachts die Flatterleichen
hin durch kahles Astwerk streichen,
wenn der Kauz die Totenlieder
schaurig hören lässt, ach Frieda,
ja, dann denke ich an dich.

Schau, du hast die Vogelgrippe,
Löcher in der Unterlippe,
bist selbst Schrecken den Vampiren.
Frieda, kann dich dies nicht rühren,
steht es wahrlich schlimm um mich.

...
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