Titel | ||||
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95 | War Goethe je in Gmunden? | |||
Vorschautext: Als Goethe aus dem Fenster schaute, da sah er eine sehr vertraute, ihm wohl bekannte, schöne Gegend. Das ist nur insofern bewegend, als, hätte Goethe dies in Gmunden getan, so sag ich unumwunden, gäb’s dort am Traunsee heut ein Schildchen mit einem netten Dichterbildchen. |
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94 | Wasseramsel | |||
Vorschautext: Sie wippt auf grünem Algenstein, im Rhythmus zuckt das dünne Bein. Die weiße Schürze um den Hals zieht Blicke an, weit mehr noch als das Köpfchen, das kaum Rast genießt. Die Eintagsfliegenlarve traut dem Frieden nicht – mit Grund – es schaut der Vogel sich nach Feinkost um. Ein Sprung, kaum zu bemerken, stumm, und eine kleine Welle schließt ... |
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93 | Die Schildkrö | |||
Vorschautext: Der Daktylus wirkt zu rasant für Schildtierreime. So empfiehlt der Zweitakt sich, wenn man galant der Kröte eine Silbe stiehlt. Jetzt geht es munter hin und her, die Schildkrö da, die Schildkrö dort. Gereime gibt’s wie Sand am Meer, denn Schildkrö ist ein Schnellreimwort. Jetzt denk ich, dieser Daktylus kommt schnell daher, doch bleibt der Krö ... |
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92 | Frielingsflüder | |||
Vorschautext: Im Frieling bliet wüder der Flüder, das Mädchen schnirt necküsch sein Müder, die Sünne verwürren, denn Lübe weckt lange verborgene Trübe. Gefiele, Ünstünkte, was ümmer, verfieren dein Üch und weit schlümmer, sü narren auch griendlich dü Schreiber und nücht nur – Vergebung!! – dü Weiber. |
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91 | Vierzeilermix | |||
Vorschautext: Weinbergschnecke (1) Die Weinbergschnecke zirpt so leise, wie’s sonst kein zweiter Vogel tut. So stört sie mich in keiner Weise. Ich finde dies Verhalten gut. Kriechender Günsel (2) Ein Günsel kriecht mit letzter Kraft, gebremst in seiner Leidenschaft zu einer Günselin ... |
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90 | Wählerische Smaragdeidechsen | |||
Vorschautext: Wie allen Lazertilgewächsen, so munden auch Smaragdeidechsen die Feuerwanzen kaum bis nicht. Das ist der Grund, warum sie schlicht und fast ergreifend diese meiden, streng heteroptisch unterscheiden, ob dieses Tier mit Sechsfachwade nicht etwa eine Blutzikade, somit gemeinhin fressbar wäre. Der Viridis zur höh’ren Ehre (moralisch, ethisch reine Sicht, asketische Enthaltungspflicht) ... |
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89 | Margeritenfleiß | |||
Vorschautext: Drei Margeriten sehen Wolken. Die Milch vom Himmelsschaf gemolken, streicht Weiß ins tiefe Blau da oben, wo Lerchen ihren Sommer loben, wo Ewigkeit und keine Leere zu ahnen ist. Der Pracht zur Ehre beeilen sich die Blumenkinder und strahlen, Sternen gleich, nicht minder, entfalten sich, dass auch die Erde dem Firmament ganz ähnlich werde. |
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88 | Nachtspaziergang zur Festung Hohensalzburg | |||
Vorschautext: Der Kauz im Geäst einer turmhohen Tanne erwacht, denn die Stunde des Nachtvolks bricht an. Die Himmel entleeren aus Kübel und Kanne ihr Wasser zum Säubern der Erde. Mich kann die trübende Nässe nicht hindern, ich schreite den Weg hoch zur Feste im Regengeleite. Da spiegeln sich Lichter, Konturen verwischen und formen sich neu zu der Wallburg Getürm. Aus Erkern und Märchenschloss-Zinnen dazwischen faucht Nachtnebel bildend das Drachengewürm. Ich lächle, gewähre Gedanken die Reise, ... |
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87 | Es kerzeln die Kastanien | |||
Vorschautext: Es kerzeln die Kastanien so vor sich hin. In Spanien ein bisschen früher als Wien, dort später, aber immerhin. Nur wichtig ist es, dass sie kerzeln, denn unter diesen Blüten herzeln Granadas Kinder märzens oder ab Mai die Leut von Hinterstoder. Wenn derbe Hüllen einmal stacheln, ist keine Lieb mehr zu entfacheln. ... |
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86 | Ein Feldweg | |||
Vorschautext: Kein Schwarzbelag, auch kein Granit, kein Gehsteig läuft die Strecke mit, nur loser Schotter, Kies und Sand und Blumengelb am Wegesrand. Das Harte teilt ein grüner Streifen, ihn drücken keine Wagenreifen. So kann’s dem Blumenkind gelingen, die Blüte hier ans Licht zu bringen. Der Feldweg setzt auf rechte Zier. Zur Gasse macht ihn ein Spalier ... |
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85 | junges buchenlaub im licht | |||
Vorschautext: herbstgold im mai lenzspielerei buchen im frischgrünkleid sonnengewogenheit jungblondes blatt lebenskraftsatt lichtfall zum uferrand setzt junger blätterwand feuer ins laub tanzender staub übt sich im strahlenlicht ... |
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84 | maiklagen | |||
Vorschautext: eismännertage eichhörnchenklage spätwinterwelten brutvogelschelten bonifaz servaz sommerluftscheuer blaumeisen raunen schönfalter staunen maikäfer liegen ... |
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83 | Glück finden | |||
Vorschautext: Der Obstbaum blüht, ein Rosenmeer beugt Zweige, die Grille stimmt im Schaumkraut ihre Geige und Löwenzahn hebt tausend Sonnenscheiben aus kurzem Wiesengras. Da will ich bleiben, für eine Weile nur, den Blick zum Berg hin richten, im Blütenblätterschnee Gedanken schlichten, zu forschen, wo das Glück zu finden ist. Die laue Luft umschmeichelt meine Stirne, die Nektardüfte vom Spalier der Birne verzücken nicht nur Faltervolk und Biene, sie klären tagbelastet ernste Miene ... |
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82 | König der Wiese | |||
Vorschautext: Ich bin der Kater Jaroslav, der König auf dem Raine. Mein Volk besteht aus einem Schaf zwei Pferden, einem Schweine. Es gibt noch weitre Untertanen, die Maus, den Maulwurf, all Getier auf dieser Wiese. Alle ahnen, welch Macht ich habe im Revier. Es beugt der Löwenzahn den Kopf, den Hofknicks üben hohe Gräser. ... |
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81 | Ein Sommertag beginnt | |||
Vorschautext: Die Sonne blinzelt durch die Zweige, ihr Zwinkern siebt der Morgendunst. Die Grille streicht noch keine Geige, ein Falter nützt der Stunde Gunst und saugt sich voll mit Morgentau. Es ist zu früh zur Blütenschau. Im Licht erblonden Haferfelder, von Feldrandbäumen tropft es leicht. Die Amsel singt als Tagesmelder ihr Lied, das Flötenweisen gleicht. Am Raine ordnet Mohn das Kleid ... |
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80 | traumfischen | |||
Vorschautext: sanfthügelwangen schilfröhrichtstangen spiegelseeglätte fischermannsplätte nachdenkvergnügen moosjungfern fliegen sirrend in kreisen klagende weisen rohrdommellieder nur hin und wieder stören das lauschen kecke karauschen |
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79 | Hin zum Meer | |||
Vorschautext: Wenn nässeschwangre Erde kreißt und Quellen Bächelchen gebären, dann weiß das ferne Meer, es heißt den Jüngling, der die Welt bereist, schon bald mit einem Gruß zu ehren. Der Tropfen Millionenzahl gräbt unermüdlich Wanderwege, lädt andre ein, erwächst im Tal durch stete neue Freundeswahl zum Fluss. Man baut ihm Brücken, Stege. ... |
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78 | Heile, schöne Welt | |||
Vorschautext: Aleppo sinkt in Schutt und Asche, Raketen töten Passagiere. Was kostet diese Perlentasche? Sie passt zum Festkleid für Walküre. Ein Schälchen Reis reicht nicht für viele, die Rippen zeigen sich in Bögen. Wie der Opale Lichterspiele im Handelspreis wohl liegen mögen? Die arbeitsscheuen Bettler zwingen das Auge Schönerem zu leihen. ... |
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77 | Verlustanzeige | |||
Vorschautext: Ich such die Kapuzinergruft, wo hab ich sie verloren? Wo bleibt die abgestandne Luft aus feinen Marmorporen. Warum das Mausoleum grad und nicht die weißen Pferde. Um diese wäre nicht so schad, da bleibt noch eine Herde. Nun denn, ich bin ein Unglückswurm, verliere Sarkophage. ... |
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76 | rauchschwalbenkinder | |||
Vorschautext: nischennestkuschelvolk rauchschwalbenkinder gelbschnabelscheunentor hungerzwitschmünder heißhungerfliegengrab flügelschwungüber elternversorgungstrupp drunter und drüber vater und mutterschwalb nachtsehnsuchtsträumer morgen um sechseinhalb ... |
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