Titel | ||||
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315 | Ein Wolkenkontinent | |||
Vorschautext: Ich lag im Gras, Theater spielten weiße Wolken. Nach Kontinenten suchte ich, nach Ländern, die mir ein Reiseziel zu sehn erlaubten. Die Baumwollbauschen fransten an den Rändern, und auch nicht eine Form aus Atlasseiten, bewegte mich, ihr Ziehen zu begleiten. Da tauchte, wie vom Globus ausgeschnitten, ein Erdteil auf, den ich als Kind schon schätzte, den ich im Kindertraum durchwandert habe und der Gedankenflügen niemals Grenzen setzte. Ägypten fand ich, sah die große Wüste, ... |
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314 | Ein Geier | |||
Vorschautext: Wie aus dem Nirgendwo gerufen erscheint er, rückt heran, die Hülle eines Lebens zu bestatten. Er tötet nicht, vollendet nur Vollendung. Er kennt den Tod als Freund und treuen Weggefährten, ist in den Tag verliebt und trotzdem nähren ihn die ew’gen Nächte. Der Mitwelt Argwohn scheint verständlich, doch ist sein Tun ... |
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313 | Mäander - Symbole des freien Willens | |||
Vorschautext: Gedanken mäandern und Flüsse desgleichen, sie streben nach Zielen, um die zu erreichen, sind kürzeste Wege die schlechteste Wahl, die Bäche erbrechen, das Denken bleibt schal. In Willkür verordnetes Strömen und Fließen verdirbt das Gerinne, ein Stahlhelm das Sprießen von eigenen Sichten, des Freigeistes Kür. Mäander eröffnen dem Wollen die Tür. |
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312 | Bombina variegata | |||
Vorschautext: Bombina, herrlich klingt der Name für eine oft verkannte Dame, die vornehm und in sanfter Weise ihr Stimmchen klingen lässt wie leise, betörend schöne Glockenstreiche. Die Unke ist’s, ein Tier der Sage, des Märchens, niemals eins der Plage. Im schwarzen Dreieck der Pupille zeigt sich der Glanz der edlen Stille des kleinen Wesens aus dem Teiche. |
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311 | Die Kapuzinerkresse | |||
Vorschautext: Geistlich ist ihr Interesse, Ordenspflichten sind ihr Sinn, eine Kapuzinerkresse kümmert sich ums Innendrin. Senföl birgt sie gegen Keime, Glykoside für die Kuren, Oxalate und geheime Klostermedizinmixturen. Schönheit trägt sie außenseitig, Bilder frommer Läuterungen. ... |
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310 | Herbstgräser | |||
Vorschautext: Mein Blick schweift über Höhenzüge, die Furchen der Atlantenpflüge, in endlos stählern blaue Weite. Ich sitz im Almgras, eine Spreite der Polstersegge kitzelt. Ähren sind’s nunmehr, die mich schauen lehren. Sie wiegen sich im Wind, sie beugen die Halme, die sie tragen, zeugen von langen Sommersonnenzeiten. Des Herbstes Stimmungen verleiten die Gräser mit dem Licht zu spielen, ... |
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309 | Appropinquare | |||
Vorschautext: Willst du Löwen streicheln, dann schleich dich nie von hinten an. Die Begründung lautet schlicht: Löwen mögen dieses nicht. Wagst du einen Selbstversuch, führen andre drüber Buch. Strecke also deine Hand hin zum Leuen nicht vom Rand, nicht von hinten, nur von vorn. Das besänftigt Löwenzorn und es bleibt durch diese List ... |
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308 | Stille Kälte | |||
Vorschautext: Verschneit ist der Weg, keine Spur im Verlauf, kein Gast drückt die Sitzbank, nur Reif liegt darauf. Die Bank scheint zu träumen, wie Menschen es tun, die selig in sich und Geborgenheit ruhn. Im Bach murmelt Wasser mit Brüderchen Eis, die Erle trägt Pelz und auf strahlendem Weiß gehn Schatten spazieren, berühren den Fuß des schlafenden Bänkleins mit zärtlichen Gruß. Die Vorstellung freilich ist schönender Schein, doch freudig die Ahnung, es könnte so sein, ... |
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307 | Ich castroprauxle, du castroprauxelst, ... | |||
Vorschautext: Castroprauxeln ist ein Verb, gut beschreibend, lieb, nicht derb, eben in die Welt gesetzt, in Verwendung so ab jetzt. Nunmehr castroprauxeln Kinder und Erwachsene nicht minder überall und jederzeit, weil das Castroprauxeln freut. |
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306 | Spiegelnder Stausee | |||
Vorschautext: Weißgipfel trachten die Schneelast zu mindern, leihen die Grate zum Tauen dem See. Spiegelndes Nass kann den Bergen nicht dienen, doppelt zum Ausgleich die Schönheit der Höh.. Hügel, wie wuchernde Haarstoppelwangen, tauchen den Vollbart aus Fichten hinab. Himmel, gleich zweifach, mit Wolken behangen, halten das Tiefgrün im Spiegelbild knapp. Blumen und Sträucherlaub spielen mit Farben, werfen den Zwillingen Malkästen zu. ... |
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305 | Apfelloser Wurm | |||
Vorschautext: Die Frucht von Heras Hesperiden, den Apfel, hab ich stets gemieden, wenn Würmer, die im Fruchtfleisch wühlen, die Lust auf Vitamine kühlen. Doch will mein Gusto Wurm allein, dann heb ich einfach einen Stein. Ich freu mich an der Fleischnatur, so ohne Apfel, Trennkost pur. |
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304 | Cheristanes Schultertuch | |||
Vorschautext: Den jungen Morgen schon mit Glanz zu füllen, schwebt Cheristane aus dem Nirgendwo ins Tal. Die Fee, ein Hauch in weißen Seidenhüllen, verliert im dichten Buschgeäst den zarten Schal. Da hängt er nun, ein Segel zwischen Zweigen, und kühler Tau benetzt den feinst gewirkten Flor. Vom Licht belebte Tropfenperlen neigen das Fadenwerk, es funkelt schöner als zuvor. Es ist ein Netz, der Fee nur zugeschrieben, doch einer Spinne nächtlich angewandte Kunst. ... |
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303 | Gefühle reisen lassen | |||
Vorschautext: Gedanken schweben, fliegen, klopfen ans Türblatt freier Utopie. Mit Träumen reisend, Berge streifend, entdeckst du wahre Harmonie. Aus Stein verbleiben Felsengrate, so lang du sie so bleiben lässt. Doch Nasen zeigen sich, Gesichter, Bekannte gar, ein Schmunzelfest. Die Lärche mit der Hängeflechte am Gegenhang – ein alter Mann. ... |
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302 | Erbberechtigung | |||
Vorschautext: Tannen, Fichten, Kiefern, Föhren - und Zypressen auch - gehören, wohl nicht nötig zu belehren, in die Ordnung Koniferen. Weil die Buchen, Birken, Eichen, diesen Bäumen nicht sehr gleichen, keine Nadeln sondern Blätter tragen, sind sie ferne Vetter oder etwa eine Nichte zu der Tanne und der Fichte, nicht verwandt im ersten Grade. Erbschaftstechnisch wirklich schade. |
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301 | Tautropfenkaleidoskop | |||
Vorschautext: Es ist ein Tropfen nur, geboren aus dem Morgentau. Er drängt vom Blatte weg nach unten, saugt das Blau des Himmels auf und zeigt in reinstem Kugelglas das Abbild eines Blütensterns, dann fällt er jäh ins Gras. Ein innres Auge sieht noch lang das Wunderbild. |
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300 | Der Abend | |||
Vorschautext: Der Abend scheut den Paukenschlag, er mittelt zwischen Tag und Nacht in milden Tönen, eher zag, zu guter Stund besonders sacht. Er bricht nicht ein, er flutet nur den Teich, das Röhricht hin zum Land mit Licht der letzten Sonnenspur, brennt Löcher in die schwarze Wand, die wartend schon im Osten steht. Die Serenade schenkt den Ton, ... |
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299 | Faschingsdienstag | |||
Vorschautext: Das Schweinefett wirkt ausgelassen, Piraten tanzen durch die Gassen, Schneewittchen schäkert mit Zwerg sieben, ein Dachshund hechelt übertrieben, zwei Männer tragen ein Gerüst und echt ist nur der Polizist. In dieser Trubelatmosphäre verflüchtigt sich das Alltagsschwere. Die Zunge zeigt der Bürgermeister, der Pfarrer leert Tapetenkleister ins gar nicht kleine Dekolleté ... |
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298 | Muh, ein Intrnationalismus | |||
Vorschautext: Das feminine Rindvieh heißt im deutschen Sprachraum lieblich Kuh und diese äußert, wie du weißt, sich – reizend auch – mit einem Muh. Den inneren Zusammenhang erkennt man deutlich schon am Klang. Doch links und rechts vom Bosporus sagt jeder Inek zu dem Tier. So wackelt der genannte Schluss, denn immer bleibt, so denk ich mir, die Kuh beim Muh, bei Halsweh Mah, ... |
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297 | Endlich März | |||
Vorschautext: März und die Farbe, die Wärme, die Wonne, März und das Sprießen in lockender Sonne, Zeit der an Buntheit sich messenden Sterne, Körbchen und Kelche. Wer wandert nicht gerne frohgemut staunend den Waldrand entlang? Bienen, begierig den Goldstaub zu finden, drängen zur Blüte. Das Junglaub der Linden spitzt aus der Knospe in schelmischer Weise. Niemandem ist hier im Grünblätterkreise vor einem Knechte des Winters noch bang. ... |
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296 | Grüner Zweig aus morschem Baum | |||
Vorschautext: Morsch der Stamm und dürr der Ast, Zweige ähneln Geisterhänden. Rinde blättert, jede Last würd des Baumes Stand beenden. Tot, das Leben schon gelebt, steht er einsam auf dem Anger. Trugbild, denn ein Grünzweig strebt hoch und zeigt sich wie am Pranger. Werden aus Beendigung ist Symbol des Trostes. Hoffen ... |
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