Kriegsgefahr

Ein Gedicht von Marcel Strömer
Es bleibt keine Zeit mehr für Gebete
in der großen Drangsal
verklingender Harmonie
denn schon erscheint
inmitten Lethargie der oberen Zone
des Heiligen Geistes
die heranschwebende Gottesmutter

An ihrer aufgeschwollenen Brust
trägt sie mit blutenden Funken
an offener Wunde
den Christusknaben
die Zeigefinger und Stirn nach oben weisend

Mit krönendem Wort
über seinem Lippenrand gebeugt
trägt er in der linken Hand
das Zepter des Unendlichen
seine Augenstrahlen auf Maria gerichtet
die das verwelkte Licht der Welt sichtlich erkennt
den ins falsche Silber getriebenen Atem

Während sich ihre Flügel traurig senken
spricht er leise aus
was alle schon lange erahnen
Die Welt ist pünktlich eine Minute vor Zwölf
global im atomaren Traum erwacht

Auf dem eisigen Rosenberg
dreiflammig und zornig spricht der Dornenbusch:
"Gedeihe du wilder Stachelwunsch
aus Feuer, Wut und Macht!
Ins Mark durchbrochen
aus Holz geschnitzten Nägeln
schlägt mein ausgeraubtes Herz
und zertritt wie mit zwei Krallenfüße
alles Leben ins Blutleere!"

Bis dass der Tod uns scheidet
die Sonne ihren Schein verliert
das verblüte Blumenwerk unter Eis
Es bleibt keine Zeit mehr für Gebete
Noch kurz rasieren
bevor die Welt untergeht



© Marcel Strömer
(Magdeburg, den 10.08.2017)

Alle Rechte vorbehalten, besonders das Recht auf Vervielfältigung und Verbreitung, sowie Übersetzung. Kein Teil des Textes darf ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder verarbeitet werden!

Informationen zum Gedicht: Kriegsgefahr

159 mal gelesen
(Eine Person hat das Gedicht bewertet. Der Durchschnitt beträgt 5,0 von 5 Sternen)
-
10.08.2017
Das Gedicht darf nur mit einer Erlaubnis des Autoren kopiert oder veröffentlicht werden. Jetzt Anfrage stellen.
Anzeige