Hörprobe

Ein Gedicht von Helmut A. Pätzold
Hörprobe

Man wird durch manchen Lärm gestört,
wenn man noch Flöhe husten hört,
die Welt kommt Dir viel stiller vor,
nimmt man sie wahr mit altem Ohr.
Der erste Schlag ist fürchterlich,
die Grille zirpt nicht mehr für mich!
Die Frau fragt mich: » Hörst Du die Grille? «
Du strengst Dich an, alles nur Stille.
Verschwunden ist der hohe Ton.
Noch hört man zwar das Telefon,
den Klingelton, in manchen Fällen,
muss man dagegen lauter stellen.
Ruft Dich die Frau zum Mittagessen,
dann hörst Du das zwar noch, indessen,
will jemand Deine Ruhe stören,
kannst Du das plötzlich nicht mehr hören.
Wenn man zu seinem Dackel spricht,
er hört zwar, doch erhört Dich nicht.
Kommt uns jemand wichtig vor,
sagt man zu ihm: » Ich bin ganz Ohr! «
Doch bei dem Schwätzer, unverdrossen,
hält beide Ohren man verschlossen.
Redet Dich einer schwach, oh Graus,
dann hilft nur eins, hier rein, da raus!
Damit der Unsinn, welch Entsetzen,
nicht Zeit bekommt, sich fest zu setzen!
Doch hört man gern, mit Wohlgefallen,
den Gesang der Nachtigallen.
Man hört nicht hin, wenn einer tobt,
doch eher schon, wenn man Dich lobt.
Der Mensch ist meistens voller Groll,
hört er, was er nicht hören soll,
er ist enttäuscht, weil er erfährt,
nicht allen ist er etwas wert.
Wie schön, kann man ein Weib betören,
und endlich wird es Dich erhören.
Wobei auch hier, in manchem Fall,
das Lustgestammel, Rauch und Schall.
Von der Instanz verhört zu werden,
ist wohl das Grässlichste auf Erden,
denn dann ist man, wer kennt das nicht,
ein hoffnungsloser, kleiner Wicht.
Wenn einer grob, Gott sei’s geklagt,
sie werden von mir hören sagt,
dann lebt man doch recht unbeschwert,
wenn man von dem Kerl nichts mehr hört.
Hört zu, was ich noch sagen will,
wer nichts zu sagen hat, sei still!

Informationen zum Gedicht: Hörprobe

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12.04.2016
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