Erbsenzähler

Ein Gedicht von Rainer Maria Derstroff
Das ist es, ich hab`es entdeckt
Ein Schild mit vergilbter Schrift war angebracht.
Ein Glas, vor langer Zeit eingeweckt.
Jemand hatte sich vor vielen Jahren Zukunftsgedanken gemacht.
Wie lange habe ich es übersehen?

„999 Erbsen angesammelt in schweren Zeiten.“
- Ungewöhnlich die Beschriftung auf gläserner Schüssel.
„sollen dich erinnern und im Leben begleiten!“
Ist dies für Hunger und Not der Schlüssel?
Wie lange habe ich es übersehen?

Ich sah die Erbsen am äußeren Rand.
Ich hatte keine Makellose gefunden.
Verschieden, fehlerhaft, wie die Lebenslinien einer kalten Hand.
Dachte erneut: vor langer Zeit gesammelt und hierfür geschunden.
Wie lange habe ich es übersehen?

Unsichtbare Kräfte hielten das Glas fest zu.
Besessen in diesem ungleichen Kampf zu siegen.
Der Inhalt ließ mir keine Ruh`
UPS, plötzlich sah ich es zersplittert am Boden liegen.
Wie lange habe ich es übersehen?

999 Erbsen - alle auf einen Blick.
In der Mitte entdecke ich die goldene Kugel.
Ich erkenne mein Missgeschick.
Zieht mich tiefer in einen Gedankenstrudel.
Wie lange habe ich es übersehen?

War im Glas die eigene Biographie?
Beurteilt man „999 Fehler“ findet man die goldene Kugel nie.
Mir fällt dabei der Apfel im Paradiese ein.
Unter „999“ musste es nur dieser sein.
Wie lange habe ich es übersehen?

Nun kann ich auch das Schild verstehen,
Sah, wie Scherben, Erbsen und goldene Kugel am Boden lagen.
Hierfür musste eine lange Zeit vergehen.
Erkenne, die goldene Kugel hatte ich stets in mir getragen.
Wie lange habe ich es übersehen?

Erbsenzähler

Informationen zum Gedicht: Erbsenzähler

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26.03.2017
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